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10.01.2017 | Stellungnahmen

Armuts- und Reichtumsbericht: AWO fordert Konsequenzen

Von: Mona Finder

 

Anlässlich des Experten-Symposiums am 10. Januar 2017 erklärt der stellvertretende Vorsitzende des AWO Präsidiums, Prof. Dr. Thomas Beyer im Rahmen der aktuellen Stellungnahme der AWO zum vorgelegten Entwurf der Bundesregierung zum 5. Armuts- und Reichtumsbericht:

„Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung könnte eine großartige Gelegenheit sein, endlich den Kampf gegen Armut aufzunehmen, denn er liefert eine Fülle aktueller und wichtiger Daten und Fakten über die Entwicklung von Armut und Reichtum in Deutschland. Doch diese Chance wird leider verpasst, denn was dem Bericht fehlt, sind die verteilungspolitischen Konsequenzen. Der Armuts- und Reichtumsbericht muss neben einer ehrlichen Bestandsaufnahme vor allem konkrete gesetzgeberische Maßnahmen gegen Armut und für mehr Verteilungsgerechtigkeit vorschlagen. So könnten die Ursachen von Armuts- und Armutsgefährdung strukturell angegangen beziehungsweise beseitigt werden.

Dass der Armuts- und Reichtumsbericht leider häufig nicht über eine Bestandsaufnahme hinausgeht, zeigt sich besonders daran, dass durch den Bericht einmal mehr deutlich wird, dass die Schere zwischen Armut und Reich trotz der soliden Konjunktur und der guten Arbeitsmarktlage in den letzten Jahren weiter auseinandergegangen ist. Dieser  beschriebenen Entwicklung folgen keine wesentlichen neuen Schlussfolgerungen, wie zum Beispiel geltende Regelungen kritisch auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Generell gilt nach Meinung der AWO, dass Armut und Reichtum im Verhältnis nicht isoliert voneinander betrachtet werden dürfe.

Prof. Dr. Thomas Beyer, Mitglied im AWO Vorstand

Als besonders kritisch wertet die AWO, dass im Armuts- und Reichtumsbericht der Lebensphasenansatz eine starke individuelle Perspektive aufweist und dadurch die Gefahr birgt, dass institutionelle und strukturelle Ursachen von Armut und sozialer Ausgrenzung unerkannt bleiben. Aus Sicht der AWO darf sich der Fokus aber nicht auf individuelles Verhalten konzentrieren, sondern muss auf den Wandel der Verhältnisse gerichtet werden. Gleichzeitig darf die soziale Wirklichkeit nicht unabhängig und losgelöst von der wirtschaftlichen Situation und Verfasstheit der deutschen Wirtschaft gesehen werden.

Generell gilt nach Meinung der AWO, dass Armut und Reichtum im Verhältnis nicht isoliert voneinander betrachtet werden dürfen. Somit ist es notwendig, dass sich der Bericht mit Reichtum und seinen gesellschaftlichen Ursachen und Folgen intensiv  auseinandersetzt. Nur so können Verteilungsspielräume im Fünften Armuts- und Reichtumsbericht offengelegt werden. So hofft die AWO auf mehr Mut von der Bundesregierung, die Umverteilungsdebatte neu aufzuwerfen. Die Bundesregierung muss auf Grundlage einer schonungslosen Bestandsaufnahme wirksame Maßnahmen zur Überwindung der wachsenden Ungleichheit und steigenden Armutszahlen auf den Weg bringen. Vor diesem Hintergrund fordert die AWO ein eigenständiges Armutsbekämpfungsprogramm, das sowohl ausreichend Bildungschancen über den gesamten Lebenslauf hinweg als auch eine andere Verteilungspolitik ermöglichen muss. Denn es wäre zu kurz gegriffen, sich allein auf bessere Bildungschancen zu konzentrieren. Um der ungleichen Vermögens- und Einkommensverteilung wirksam entgegenzusteuern, bedarf es insbesondere steuerpolitischer Instrumente.“

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