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Warum die Altersarmut steigen wird und was dagegen getan werden kann

Von: Ragnar Hoenig

 

Aktuell beziehen gerade einmal rund 3 Prozent der älteren Menschen Leistungen der Grundsicherung. Hieraus wird oft der Schluss gezogen, dass Altersarmut kein weit verbreitetes Phänomen sei. Doch der Schein trügt. Denn allgemein wird für die kommenden Jahre mit einem Anstieg von Altersarmut gerechnet.

Ein wesentlicher Grund: Viele heutige Versicherte haben Lücken in ihren Erwerbsbiographien, zum Beispiel durch (Langzeit-)Arbeitslosigkeit, Niedriglohnbeschäftigung, prekäre Selbständigkeit oder durch Erwerbsunterbrechungen für Kindererziehung und Pflege. Diese Lücken führen häufig auch zu Versorgungslücken im Alter. Denn die Rente ist Spiegel des Erwerbslebens. Wer niedrige oder keine Rentenbeiträge zahlt, kann in aller Regel auch nur mit niedrigen Rentenansprüchen rechnen. Die erheblichen Rentenkürzungen des letzten Jahrzehnts treten als weitere Ursache für den Anstieg von Altersarmut hinzu.

Die langfristige Absenkung des Rentenniveaus hat zwar keine unmittelbare Kürzung von Renten zur Folge. Sie führt aber dazu, dass die Renten geringer steigen als die Löhne und dadurch nach und nach an Kaufkraft verlieren. Wer diesem Armutsrisiko entkommen will, muss verstärkt in die private und betriebliche Altersvorsorge investieren. Doch vielen Versicherten fehlt hierzu das Geld. Außerdem ist selbst bei einer intensiven privaten und betrieblichen Altersvorsorge keineswegs garantiert, dass die kapitalgedeckte Altersvorsorge die Rentenlücke im Alter schließen kann.

Dass der Gesetzgeber handeln muss, wird kaum noch bestritten. Doch die diskutierten Konzepte sind sehr unterschiedlich. Klar ist aber: Jedes wirksame Konzept gegen den Anstieg von Altersarmut muss frühzeitig und damit am Arbeitsmarkt ansetzen. Die Vermeidung von Altersarmut gelingt am besten, wenn schon im Erwerbsleben ausreichende Rentenansprüche aufgebaut werden.

Die AWO fordert daher, dass die typischen, im Erwerbsleben begründeten Risikofaktoren für Altersarmut gezielt durch höhere Rentenbeiträge besser abgesichert werden. Dies gelingt am besten durch dynamische Mindestlöhne sowie höhere Rentenbeiträge bei Arbeitslosigkeit, Kindererziehung oder Pflege. Derartige präventive Maßnahmen allein genügen allerdings nicht. Auch die Rentenleistungen müssen dringend verbessert werden. Die AWO fordert deshalb jede weitere Absenkung des Rentenniveaus zu stoppen – auch nach dem Auslaufen der doppelten Haltelinie im Jahr 2025.

Ferner müssen die Lücken, die sich in vielen Erwerbsbiographien in den letzten Jahrzehnten insbesondere durch Niedriglohn und Arbeitslosigkeit eingebrannt haben und die nicht mehr im Nachhinein durch höhere Rentenbeiträge geschlossen werden können, durch eine pauschale Rentenleistung wie die Grundrente besser abgesichert werden. Außerdem müssen die Rentenfreibeträge, die es bei der Grundsicherung bereits für die Betriebsrente und die Privatvorsorge gibt, auch für die gesetzliche Rente gelten. Dadurch würde erreicht, dass auch diejenigen profitieren, die trotz der Rentenversbesserungen immer noch auf Grundsicherung angewiesen sind.

Es besteht dringender Handlungsbedarf. Die Bundesregierung darf die Grundrente nicht auf die lange Bank schieben!

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