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30.08.2023 | Stellungnahmen

Georgien und die Republik Moldau sollen zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden

Von: Kitty Thiel

 

Neues Gesetzesvorhaben von der Ministerpräsidentenkonferenz

Am 10. Mai 2023 vereinbarten der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder in ihrer Besprechung u.a. auch, dass Georgien und die Republik Moldau zu sicheren Herkunftsländern bestimmt werden sollen. Das Bundesministerium des Inneren und für Heimat legte letzte Woche (23.08.2023) einen Referentenentwurf vor, der bereits nach einer Woche im Kabinett beschlossen werden soll (30.08.2023). Die Verbände hatten weniger als 48 Stunden Zeit ihre Stellungnahmen abzugeben. Wir vermuten daher, dass der Wille sich mit einer umfassende Abwägung der Gesetzesfolgen für die Betroffenen aus Sicht der Zivilgesellschaft auseinanderzusetzen, nicht gegeben war.

 

Es kann daran liegen, dass die Spitzenverbände der freien Wohlfahrt und damit auch der AWO Bundesverband e.V. das Konzept der „sicheren Herkunftsstaaten“ grundsätzlich ablehnen. Dies haben sie gemeinsam als auch einzelverbandlich in der Vergangenheit immer wieder kundgetan. Der Grund für die ablehnende Haltung ist, dass mit der Vermutung der Sicherheit eine unvoreingenommene und sorgfältige Einzelfallprüfung nicht mehr gewährleistet ist. Die behördlichen und gerichtlichen Verfahren werden beschleunigt, Betroffene sind verpflichtet bis zu ihrer Ausreise in einer Gemeinschaftsunterkunft zu verbleiben und ihnen wird verboten zu arbeiten. Diese unterschiedliche Behandlung von Flüchtlingen auf Grund des Herkunftslandes steht der Vereinbarung der Genfer Flüchtlingskonvention klar entgegen (Artikel 3 GFK).

 

Der AWO Bundesverband e.V. hält daneben die Bestimmung Georgiens und der Republik Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten nicht mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien zur Bestimmung für vereinbar:

 

  1. Es gibt keine Landesweite Sicherheit. In beiden Ländern gibt es abtrünnige Gebiete.

  2. Es gibt keine Sicherheit für alle Gruppen. In Georgien wird die LGBTIQ* - Community stark unter Druck gesetzt und der Staat ist nicht Willens oder in der Lage vor Übergriffen zu schützen. Es gibt Berichte von erniedrigender und unmenschlicher Behandlung in Gefängnissen und die Lage der Pressefreiheit wird kritisch bewertet. In der Republik Moldau werden Rom*nja stark ausgegrenzt und diskriminiert. Für beide Länder wird im Referentenentwurf keine Einschätzung zur geopolitischen Lage nach dem Angriffskriegs Russland auf die Ukraine und der sich veränderten Sicherheitslage im Zuge des wachsenden Einflusses Russlands auf die Gebiete vorgenommen.

  3. Die herangezogenen Quellen sind einseitig. Der Referentenentwurf stützt sich allein auf die Entscheidungen des BAMF und zieht aus der hohen Ablehnungsquote den Schluss, dass Anträge aus den beiden Ländern nur aus asylfremden Motiven gestellt werden. Nicht berücksichtigt werden gerichtliche Entscheidungen, die Entscheidungen des BAMF aufheben und die Entscheidungspraxis anderer europäischer Länder.

 

Zudem ist der AWO Bundesverband e.V. überzeugt, dass Behörden, Gerichte und Kommunen mit der Bestimmung nicht entlastet werden. Die Behörden behandeln Georgien und die Republik Moldau defacto bereits jetzt als sicher und lehnen Asylgesuche in der Regel als offensichtlich unbegründet ab, was wiederum einen eingeschränkten Rechtsschutz mit sich bringt. Die Maßnahme kann in den ersten Monaten durch aus den gewünschten Erfolg der Abschreckung erzielen. Eine nachhaltige, dauerhafte Lösung ist dies allerdings nicht. Denn wie bereits die Erfahrungen zeigen, hat die Abschreckung durch die Bestimmung zum sicheren Herkunftsstaat ihre Halbwertszeit. Die negative Folge, dass Schutzbedarfe nicht erkannt werden, bleibt und wird unüberwindlicher.  

Stellungnahme des AWO Bundesverbands e.V. zum Gesetzesvorhaben - Georgien und Republik Moldau Bestimmung zu sichere Herkunftsstaaten

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